Zerstören Playlisten die Künstler-Fan-Beziehung?
- Was es bedeutet, wenn der Song und nicht der Artist der Star ist
- Welchen Einfluss Playlisten auf die Künstler-Fan-Beziehung haben
- Wieso es immer weniger Top Hits aber mehr One-Hit-Wonder gibt
Niemand bestreitet die Wichtigkeit von Playlisten. Viele Hörer*innen konsumieren Musik hauptsächlich über Playlisten und entdecken auf diesem Weg neue Songs. Für Künstler*innen sind sie ein Mittel, um ihre Streamingzahlen zu steigern und den Algorithmus zu stimulieren. Einige Expert*innen vertreten jedoch auch die Meinung, dass sie einen schlechten Einfluss auf die Künstler-Fan-Beziehung haben. Wir zeigen dir wieso.
Der Song ist größer als der Artist
Viele der heutigen Top Hits gehen erst auf TikTok viral und landen erst dann in den großen Playlisten und sammeln millionenfach Streams. Vielen dieser Künstler*innen gelingt es danach nicht mit den kommenden Songs an den Erfolg ihres Hits anzuschließen. Dies liegt nicht nur an der Kurzlebigkeit von TikTok-Trends, sondern auch daran, dass eine Platzierung in Playlisten nicht automatisch eine massive Vergrößerung der Fanbase bedeutet. Oder anders gesagt: Heutzutage steht der Song viel stärker im Fokus als der Artist.
Ein Paradebeispiel dafür sind die zahlreichen LoFi-Produzent*innen mit Millionen von Streams, die aber keiner auf der Straße erkennen würde. Ihr Erfolg basiert auf Playlistplatzierungen, für die Künstler*innen hinter den Songs interessieren sich jedoch nur die allerwenigsten. Dies ist zwar ein Extrembeispiel, doch immer mehr konsumieren Hörer*innen Playlisten ohne wirklich zu wissen, wen sie gerade gehören geschweige sich mit den Künstler*innen und deren Discographie auseinanderzusetzen
Ein Artist kann mit einem Song die Charts stürmen und mit dem nächsten geht er bereits wieder in der Masse von Uploads unter. Ist der Song größer als der Artist entsteht eine enorme Abhängigkeit von Playlisten und es fehlt jegliche Planungssicherheit. Für Fans ist es wichtig, dass eine Verbindung zu den Künstler*innen besteht. Doch bei Playlisten kommt diese nur selten zustande. Die Hörer*innen suchen sich je nach Mood die entsprechende Playlist aus und hören die Musik dann passiv. Da rund zwei Drittel der Musik über Playlisten konsumiert wird, darf dieser Effekt nicht unterschätzt werden.
Weniger Top Hits – mehr One-Hit-Wonder
Dies zeigt sich auch bei den Charts: In den Billboard Charts waren noch nie so viel verschiedene Songs vertreten wie 2020. Dies unterstreicht auch eine andere Auswertung, die zeigt, dass es immer weniger richtige Top Hits gibt. Der größte Hit im ersten Halbjahr 2021 war „drivers licence“ von Olivia Rodrigo mit 460,2 Millionen Streams. Das ist deutlich weniger als die größten Hits in selben Zeitraum der Vorjahre (2020: Roddy Ricch „The Box mit 727,7 / 2019 „Old Town Road“ mit 596,1 Millionen Streams).
Während also das Streaming kontinuierlich zunimmt, generieren die Megahits immer weniger Streams. Betrachtet man die zehn meistgestreamten Songs, ist auch hier ein Sinkflug erkennbar. Die Zahl sinkt seit zwei Jahren und ist nun auf dem Niveau von 2017 angekommen als das Streamingvolumen noch 80% tiefer war. Es gibt also immer mehr Songs, die nur kurzfristig viral gehen. Gleichzeitig sinkt die Anzahl nachhaltig erfolgreicher Künstler, während die Social-Media-Playlist-Blase munter neue One-Hit-Wonder produziert.
Abhängigkeit von Playlisten verringern
Natürlich sollte man trotzdem versuchen mit seinen Songs in Playlisten – große wie kleinere – zu landen. Noch wichtiger ist es aber, sich eine solide Fanbase und viele Follower aufzubauen, so dass ein Song auch dann gut performt, wenn er von den wichtigen Playlisten nicht berücksichtigt wird. Viele Künstler*innen versuchen die Abhängigkeit von Playlisten zu verringern, indem sie nach anderen Einnahmequellen Ausschau halten. Sei es ihren Katalog zu monetarisieren, Geld über Twitch, Patreon oder andere Plattformen zu generieren oder ihr Glück mit NFTs zu versuchen.