User Centric Modell: Revolution bei der Streamingauszahlung?
- Der Unterschied zwischen dem bestehenden Pro-Rata-Modell und der User-Centric-Methode
- Wieso bei Pro-Rata auch Justin Bieber Geld von dir erhält, auch wenn du ihn nie gehört hast
- Was eine Studie zu den Vorteilen für Independent Künstler herausgefunden hat
Alle relevanten Streamingdienste zahlen die Musiker nach der sogenannten Pro-Rata-Methode aus. Vereinfacht gesagt, werden alle Streams in einen Topf geworfen und die Einnahmen prozentual verteilt. Angenommen es gab 1 Million Streams und du hattest 10.000 davon, dann erhältst du 1% der totalen Einnahmen. Was bei dieser Methode nicht berücksichtigt wird, ist das individuelle Hörverhalten der einzelnen User.
Systemwechsel wird gefordert
Vermehrt werden Stimmen laut, die einen Wechsel auf ein faireres „User Centric“ Modell fordern. Bei der benutzerzentrierten Methode würden die Einnahmen, die jeder einzelne User generiert, nur an die Künstler verteilt, welche dieser auch effektiv gehört hat. Während beim Pro-Rata-Modell die Justin Biebers dieser Welt einen Teil deiner Abokosten erhalten, auch wenn du sie nie gehört hast, würde diese Methode nur die Künstler supporten, die du auch gestreamt hast.
Angenommen von deinem Abo würden 10 Euro an die Künstler verteilt und du hättest in diesem Monat nur 10 Songs von 10 Künstlern gehört, würde jeder dieser Artists einen Euro erhalten. Beim Pro-Rata-Modell kämen die 10 Euro einfach in den großen Topf und würden bei irgendwelchen Artists landen.
Wechselt SoundCloud zu User Centric?
Nachdem Deezer vor längerem angekündigt hatte, allenfalls das Modell zu wechseln, ohne dass etwas passierte, könnte es nun bei SoundCloud konkret werden.
Da SoundCloud weniger abhängig von großen Labels ist als andere Streaminganbieter, wäre es für sie einfacher diesen Schritt zu gehen. Trotzdem ist die Herausforderung nicht zu unterschätzen. Ob SoundCloud wirklich das Model wechselt, oder nur eine Funktion einführt, welche den Usern die Möglichkeit gibt ihre Lieblingskünstler mit einem „Trinkgeld“ zu unterstützen, wird sich voraussichtlich im ersten Quartal zeigen.
Profitieren Künstler vom User-Centric-Modell?
Oft wird kritisiert, dass das Pro-Rata-Modell die Major Labels bevorzugt. Von der benutzerzentrierten Methode sollen vor allem Independent Künstler profitieren. Für den Hörer ist es sicherlich befriedigender, wenn er weiß, dass die Musiker bezahlt werden, die er auch gehört hat. Doch profitieren die Artists wirklich von einem Systemwechsel? Eine französische Studie hat die beiden Modelle miteinander verglichen.
Die Studie zeigt, dass vor allem die 10 meistgestreamten Künstler Einbußen hinnehmen müssten (17,2% bei Deezer, 12,5% bei Spotify). Prozentual am meisten profitieren würden die Künstler mit den wenigsten Streams, wobei wir hier aber immer noch von kleinen Beträgen sprechen. Der Anteil der ausbezahlten Royalties würde sich nur bei den 10 Top Künstlern verringern.
Pro Rata | User Centric | |
---|---|---|
1-10 | 9.3% | 7.7.% |
11-100 | 21.6% | 21.8% |
101-1000 | 36.4% | 37.2% |
1001-10000 | 25.0% | 25.1% |
Über 10001 | 7.7% | 8.1% |
Konkret würde dies für die Top 10 jeweils einen Verlust von mehreren hunderttausend Euro bedeuten. Die Artists zwischen 11-100 würden je rund 9.000 zusätzlich verdienen., diejenigen von 101-1000 ca. 2.500 pro Künstler. Für alle restlichen Künstler hätte es nur einen Effekt von weniger als 10 Euro pro Jahr. Profitieren würden primär ein Großteil der Top 1000 Künstler, für die breite Masse wäre der Effekt jedoch minim.
Starke Einbußen für HipHop
Profitieren würden die Backkataloge der Künstler, die nun 52,1% anstatt 48,9 der Royalties ausmachen würde. Wirklich große Veränderungen gäbe es jedoch bei den Genres. Von einem Systemwechsel würden nämlich vor allem Nischen-Genres profitieren, am meisten klassische Musik, Hard-Rock und Blues aber auch populäre Genres wie Pop und Rock. Dies ginge hauptsächlich auf Kosten von HipHop-Releases, die satte 40% verlieren würden.
Auch eine Verschiebung von den großen Firmen zu kleineren Vertrieben ist nicht erkennbar. Im Gegenteil; die fünf größten Vertriebe würden ihren Marktanteil sogar um 0,7% steigern.
Vorteile sieht die Studie bei der Verhinderung von Betrug durch den Kauf von Streams.
Die Studie hält weiter fest, dass eine Systemumstellung mit hohen Kosten verbunden wäre. Dies dürfte mitunter ein Grund sein, wieso kaum ein Streaminganbieter dies bislang in Betracht gezogen hat.
Zumindest die Zahlen dieser Studie zeigen aber auch, dass ein Systemwechsel nur wenig an der tiefen Vergütung für die Künstler ändern würde. Sobald weitere Zahlen vorliegen oder neue Modelle auftauchen, erfahrt ihr es bei uns.
Die Studie des Centre National de la Musique (CNM) basiert auf Zahlen von Spotify und Deezer sowie diverse Major- und Independentlabels. Andere Streaminganbieter hätten sich geweigert Zahlen für die Studie zur Verfügung zu stellen. Die Analyse basiert auf Zahlen von 2019 und wurde ausschließlich mit französischen Nutzern mit einem Premium Abo erhoben.