Soll ich meine Musik von den Streamingdiensten entfernen?
- Es gibt vermehrt Künstler*innen, die ihre Musik von den DSPs entfernen oder gar nicht erst hochladen
- Wieso das Streaming nicht mehr so alternativlos ist
- Was die Motive von Artists wie Kanye West, Snoop Dogg oder Neil Young sind
Von einem Trend zu sprechen, wäre deutlich übertrieben, aber zuletzt gab es diverse Künstler*innen, die ihre Musik von den Streamingdiensten entfernten oder sie gar nicht erst hochluden. Zum einen Artists wie Neil Young, Joni Mitchell oder India Arie, die ihre Musik aus Protest gegen Joe Rogan von Spotify entfernen ließen. Zum anderen aber auch Kanye West, der „Donda 2“ gar nie auf den Streamingplattformen verfügbar machte, sowie Snoop Dogg, der den Katalog von Death Row entfernen ließ.
Immer mehr Alternativen zum Streaming
Die Gründe sich zwar komplett verschieden, doch das Zeichen, welches ausgesendet wird, ist dasselbe: Streaming ist nicht mehr ganz so alternativlos, wie es schien. Der eine oder andere wird sich nun vielleicht gefragt haben, ob er auf das Trinkgeld der Streaminganbieter verzichten und auf den Direct-to-Fan-Weg setzen soll. Mit NFTs, Subscriptions, Bandcamp oder dem Verkauf über die eigene Website tun sich hier ja immer mehr Möglichkeiten auf.
Protest gegen Spotify
Schauen wir uns die zuvor erwähnten Künstler*innen und ihre Motive aber erst etwas genauer an. Neil Young, Joni Mitchell, India Arie und weitere haben wie erwähnt aus Protest ihre Musik von Spotify entfernen lassen. Jedoch nur von Spotify, auf den anderen DSPs sind ihre Releases weiterhin verfügbar. Es ist also nicht per se ein Protest gegen das Streaming, zudem sind es allesamt Artists, welche die entgangenen Einnahmen verkraften und sich den Idealismus leisten können.
Lässt Kanye die Fans außen vor?
Anders sieht es bei Kanye aus: sein Entscheid, „Donda 2“ nur als Stem Player auf den Markt zu bringen, ist einen klarer Protest gegen die Streaming Economy. Von diesem Stem Player werden wöchentlich 3.000 Exemplare hergestellt. Aufgrund der Produktionskapazität und des stolzen Preises von 200 Dollar sind es bislang maximal einige hunderttausend Fans, die sein Album (auf legalem Weg) gehört haben. Durch seinen Entscheid schließt er also Millionen von Hörern aus, die „Donda 2“ ansonsten ebenfalls gestreamt hätten.
Finanziell schadet ihm dies nicht, gemäß eigenen Aussagen hat Kanye mit dem Stem Player bereits 9,5 Millionen Dollar verdient. Das ist erfreulich für den selbsternannten Rap-Milliardär, hat aber den unschönen Beigeschmack, dass viele Fans für den Profit außen vor gelassen werden. Somit ist er näher bei den großen Firmen, die er vorgibt zu kritisieren, als bei den Künstler*innen, denen er angeblich eine Alternative aufzeigen will.
Was plant Snoop mit dem NFT-Label Death Row?
Noch etwas unklar sind die Motive bei Snoop Dogg und dem kürzlich von ihm gekauften Kultlabel Death Row. Er kündigte zwar an, Death Row zu einem NFT-Label zu machen, ob dies aber bedeutet, dass die Releases nicht mehr auf die Streamingplattformen zurückkehren, steht noch in den Sternen. Sollten die Death-Row-Releases tatsächlich ausschließlich als NFT verfügbar sein, würde er ähnlich wie Kanye eine Exklusivität erschaffen, damit das Produkt verteuern und viele Fans ausschließen. Auf den ersten Blick erscheinen die Moves von Kanye und Snoop wie Selbstermächtigung, jedoch lenken sie primär die Profite von den DSPs in die eigene Tasche.
Ein Weg für Superstars
Man kann ihnen zugutehalten, dass sie zumindest viele Artists dazu motivieren über Alternativen nachzudenken. Allerdings gehen sie einen Weg für Superstars, der nicht adaptierbar ist für durchschnittliche Artists. Soll man also seine Musik von den DSPs entfernen? Nein! Streaming ist kein Geldsegen, aber eines der besten Schaufenster für seine Kunst. Und nach Alternativen Ausschau halten, darf man ja trotzdem. Doch solange NFTs, Bandcamp-Verkäufe oder Patreon-Subscriber die Rechnungen nicht bezahlen, sollte man seine Musik dem Streaming-Publikum nicht vorenthalten.