Industry Groove – Woche 22

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Der Urlaub ist vorbei, die Inbox wieder einigermaßen aufgeräumt – höchste Zeit also für den neuesten Industry Groove Newsletter und einen Blick zurück auf die zweite Hälfte des Monats Mai. Diese war glücklicherweise für mich (nicht so viel Arbeit) und auch für dich (nicht so viel zu lesen) nicht übertrieben ereignisreich.

Das Thema künstliche Intelligenz sorgt nach wie vor für so viele Schlagzeilen, dass sich damit problemlos ein eigener Newsletter füllen ließe. Viele sind weiterhin völlig überwältigt, überfordert oder auch restlos begeistert. Timbaland glaubt derweil, die Lösung für alle offenen Fragen rund um KI-Musik gefunden zu haben, während namhafte Persönlichkeiten aus der KI-Branche vor den möglichen Gefahren der künstlichen Intelligenz warnen und diese dabei in einem Atemzug mit Pandemien und Atomkriegen nennen.

Eine reflektierte Sichtweise auf die Dinge hat wie gewohnt MIDiA. In diesem Artikel zeigen sie, wie sich Musik von einer statischen und passiven Erfahrung zu einer aktiven und dynamischen Form des Konsums wandelt. Die Zeiten, in denen Musiker*innen ihre Songs aufnehmen, veröffentlichen und diese dann einfach gehört werden, sind vorbei. Die heutige Generation möchte selbst aktiv, kreativ und involviert sein. Künstliche Intelligenz war das fehlende Puzzlestück, das es nun praktisch jedem ermöglicht, selbst Musik zu erstellen. Für mich ist dies der Must-Read dieser Woche. Und nun zu den weiteren Themen, die zuletzt wichtig waren.


US-Bundesstaat Montana verbietet TikTok

  • Im Newsletter der Woche 16 hatte ich darüber berichtet, dass das Repräsentantenhaus des Bundesstaates Montana für einen Gesetzesentwurf gestimmt hat, der TikTok in dem US-Bundesstaat verbieten würde. Es fehlte einzig noch die Unterschrift des republikanischen Gouverneurs und das war, wie vermutet, reine Formsache.
  • Das Gesetz soll ab Januar 2024 in Kraft treten. Betreffen wird es, so wie ich das verstehe, jedoch nur diejenigen, die die App neu herunterladen wollen. Alle, die sie bereits auf ihren Geräten haben, können sie weiterhin nutzen.
  • Ob es tatsächlich zu dem Verbot kommt, bleibt aus mehreren Gründen unklar. Zum einen ist nicht sicher, ob Apple und Google wirklich mitspielen und das Herunterladen einer App auf Bundesstaatsebene verbieten werden.
  • Zum anderen sind bereits zwei Klagen gegen das Gesetz eingegangen: eine von TikTok-Usern, die ihre Redefreiheit eingeschränkt sehen, und eine zweite von TikTok selbst.
  • Montana ist ein kleiner Staat, aber dennoch wird man genau beobachten, was hier passiert. Denn wie MIDiA richtig schreibt, wird dies nur der Anfang von vielen Regulierungen sein, die nicht nur TikTok betreffen werden.

TikTok integriert Apple Music, testet Chatbot und lanciert Music Hub

  • Abgesehen vom Ban in Montana gibt es noch einiges mehr zu berichten von TikTok. So zum Beispiel die Integration von Apple Music auf ihre Plattform. TikTok testet einen „Add Song“-Button bei Videos mit Musik, welcher die User dann direkt zu Apple Music führt. Aufgebaut ist das Ganze aber so, dass problemlos weitere Streamingdienste hinzugefügt werden können. Diese Integration ist für Musiker*innen von großem Vorteil, da die User so schneller den Song finden können. Möglicherweise ist dies auch ein Indiz dafür, dass TikTok Music vorerst nicht in Sicht ist.
  • Ein weiterer Test, der momentan läuft, heißt Tako und ist ein Chatbot. Dieser soll den Usern dabei helfen, passende Videos und Creator zu finden, basierend auf den Videos, die sie bereits angeschaut haben, sowie den Fragen, die sie Tako stellen. Momentan handelt es sich hierbei um einen kleinen Test mit einigen Usern auf den Philippinen, doch sollte dies breiter ausgerollt werden, könnte dies TikTok durchaus revolutionieren. Während also alle den For-You-Feed kopieren, arbeitet TikTok bereits an etwas Neuem.
  • Schließlich gibt es auch ein neues Musik-Feature bei TikTok. Der #NewMusic-Hub fokussiert sich, wie der Name schon sagt, auf neue Releases.
  • Oder wie TikTok es ankündet: „Der #NewMusic-Hub ermöglicht es Fans, die beste neue Musik zu entdecken, oft bevor sie anderswo zu hören ist, und bietet gleichzeitig eine Plattform für aufstrebende und etablierte Künstler*innen, um ihre Fangemeinde zu vergrößern und mit ihrem Publikum in Kontakt zu treten.“

Nun sind es bereits 120.000 Songs pro Tag

  • Ich gebe es zu, ich hatte lange Zweifel, ob die Zahl von 100.000 pro Tag veröffentlichten Songs wirklich stimmt. Ich hielt sie für übertrieben, glaube jedoch mittlerweile, dass es tatsächlich wahr sein könnte. Doch Moment, diese Zahl stimmt bereits nicht mehr. Gemäß Luminate wurden im ersten Quartal 2023 durchschnittlich 120.000 neue Songs pro Tag auf die DSPs hochgeladen.
  • Anders ausgedrückt: Im ersten Quartal des Jahres wurden 10,08 Millionen Songs auf die DSP hochgeladen. Wenn diese Zahl stabil bleibt, werden es Ende 2023 stolze 43 Millionen Songs sein.
  • Das ist deutlich mehr als 2022 (34,1 Millionen) und fast das Dreifache dessen, was noch 2018 über die DSP veröffentlicht wurde (16,4 Millionen).
  • Bekanntlich war es noch nie so leicht, Musik zu veröffentlichen, und nun mit den vielen neuen KI-Tools war es auch noch nie so einfach, welche zu erstellen. Die Zahl dürfte also möglicherweise rasant steigen und dem Ruf nach einem Streaming-Systemwechsel weiter Auftrieb geben.

Instagram lanciert einen Twitter-Klon diesen Sommer

  • Obwohl Elon Musk Twitter noch nicht komplett an die Wand gefahren hat, gibt es weiterhin gute Gründe, Twitter den Rücken zu kehren. Wie nun bekannt wurde, will Meta die Plattform zur Verfügung stellen, um den Abwanderungswilligen ein neues Zuhause zu geben.
  • Die App wird weitgehend textbasiert sein und als Standalone-App angeboten werden, jedoch soll sie stellenweise auch bei Instagram integriert werden.
  • Jeder, der bereits Instagram nutzt, kann auf der noch unbetitelten Plattform seinen Benutzernamen behalten. Zudem erhalten alle deine Instagram-Follower eine Benachrichtigung, dir auf der neuen Plattform zu folgen.
  • Ersten Berichten zufolge soll die Textlänge auf 500 Zeichen begrenzt sein. Außerdem kann man auch Fotos und Videos mit einer Länge von bis zu 5 Minuten posten.
  • Es gibt zwar bereits einige Twitter-Alternativen, aber keine davon hat die Marktmacht, die Meta mitbringt. Es wird interessant zu beobachten sein, ob dieser Schachzug aufgeht.

Universal macht gemeinsame Sache mit KI-Firma Endel

  • Universal Music hat sich zuletzt vehement gegen gewisse Auswüchse der neuen Möglichkeiten durch KI gewehrt. Sie haben aber auch immer klargestellt, dass sie der Technologie nicht grundsätzlich feindlich gesinnt sind. Dies beweisen sie nun durch die Zusammenarbeit mit Endel.
  • Die in Berlin ansässige Firma Endel ist hauptsächlich im Bereich der sogenannten „Functional Music“ tätig, das heißt Musik zum Entspannen, Schlafen und Ähnliches. Bereits vor einiger Zeit hatte der CEO das Potenzial einer Zusammenarbeit mit den Majors dargelegt und Universal scheint dies ebenfalls zu sehen.
  • Das genaue Ziel der Zusammenarbeit ist noch nicht vollständig klar, aber Universal möchte wahrscheinlich einen noch größeren Anteil an den enorm populären Mood-Playlisten abgreifen.
  • Ob es, wie vom Endel-CEO vorgeschlagen, auch Functional-Versionen von Alben von Superstars wie etwa Taylor Swift geben wird, wird sich zeigen. Endel schwebt vor, dass es quasi als Bonus zum regulären Album auch gleich noch die Version zum Relaxen und Schlafen gibt.

Bonus Reads

  • Im Gegensatz zu Spotify ist Apple Music nicht sehr transparent in Bezug auf die Streamingzahlen einzelner Songs (und auch mit vielen anderen Zahlen nicht, wie etwa der Anzahl der Abonnenten). Es wurde jedoch bekannt, dass bislang kein einziger Song bei Apple Music mehr als eine Milliarde Mal gestreamt wurde. Der Song, der dem am nächsten kommt, ist Ed Sheerans „Shape of You“ mit momentan 930 Millionen Streams. Auf Spotify befinden sich derzeit 419 Tracks im “Billions Club“.
  • Dieser Artikel von Billboard zeigt, dass viele Labels vorsichtiger geworden sind und nicht mehr alles signen, was viral geht. Zu oft blieb es beim Erfolg eines einzelnen Songs.
  • Was in Zukunft sicherlich häufiger „gesignt“ werden wird, sind virtuelle Künstler*innen. Dieser Beitrag von MBW gibt eine gute Übersicht über die virtuellen Acts, die über die Majors und andere große Player wie HYBE oder Tencent veröffentlichen. Zudem rollt der Artikel auch die Geschichte virtueller Artists auf und zeigt, dass dies gar kein so neues Phänomen ist.
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